Abfallwirtschaft: War die Konzession wirklich auf MOL zugeschnitten? 

Dieser Artikel wurde zuerst auf Ungarisch auf telex.hu veröffentlicht.

Nach Ansicht des unabhängigen Abgeordneten hat Minister László Palkovics seine Befugnisse missbraucht und die Konzession für die Abfallwirtschaft mit einer Laufzeit von 35 Jahren gezielt an den MOL-Konzern vergeben. Nach Angaben des Ministeriums für Technologie und Industrie handelt es sich dabei um eine unwahre Behauptung, nichts dergleichen sei geschehen.

Das 35-jährige Konzessionsverfahren im Abfallsektor hat zu zahlreichen fachlichen Kontroversen geführt. Wie Sie sich erinnern werden, wird die von der Firma MOL erhaltene Konzession in Zukunft den Transport, die Behandlung, die Sortierung, das Pressen so wie die Lagerung von Abfällen umfassen. Die Abfallwirtschaft hatte bis zum 28. Oktober Zeit, ihr Angebot für die Beteiligung der bestehenden Unternehmen des Sektors an der künftigen Abfallkonzession einzureichen.

Obwohl der zuständige Minister, László Palkovics, inzwischen zurückgetreten ist – sein Kabinett scheint sich daraufhin aufzulösen – präsentieren wir die Abfallgeschichte, in der sich alle in einer völlig anderen Dimension zu bewegen scheinen:

  • Ákos Hadházy: Es gab einen Amtsmissbrauch bei der Ausschreibung der Konzession, und Minister László Palkovics selbst hat sich dazu geäußert, daher erstatte ich Anzeige.
  • Das Team von László Palkovics: Es gibt hier nichts zu sehen, die Worte sollten richtig interpertiert werden!
  • Die Abfallwirtschaft: Wir sind nicht an politischer Verantwortung interessiert, sondern daran, den Sektor lebensfähig zu halten, und der Premierminister sollte
  • den Wirkungsbereich der Konzession einschränken!
  • Mol: Es gibt von der EU gesetzte Ziele für die Mülltrennung bzw. die Verringerung des Müllvolumens, wir haben bereits Schritte Richtung Abfallwirtschaft gemacht, wir sind gut darin, machen wir endlich weiter!

Argumente von Ákos Hadházy

Der Abfallsektor, oder zumindest der unabhängige Abgeordneten Ákos Hadházy geht – als eine Art Vortrupp – gegen den (bald Ex-)Abgeordenten Palkovics vor. Der Grund: Auf einer MCC-Veranstaltung sprach Palkovics, damals noch als amtierender Minister, über den Zusmannehang zwischen Ausschreibung, Konzession und MOL.

Wir werden sehen, dass die Parteien die ominösen Sätze unterschiedlich interpretiert haben. Es lohnt sich, sich den kurzen Text im Original und im Kontext anzuhören, denn es ist keineswegs sicher, dass die Sätze von allen auf die gleiche Weise interpretiert werden, und es ist auch nicht so einfach zu entscheiden, was genau der Minister sagt, ob er sich selbst bloßstellt oder über völlig unschuldige Vorgänge spricht.

Wir fassen Palkovics’ Worte kurz zusammen, d.h. wir pasen – der Verständlichkeit wegen – seine Rede der schriftlichen Form an. 

„Warum hat sich MOL beworben?… Ihre Zukunftsvision ist es, seinen Tätigkeitsbereich zu erweitern. Ein Bereich wäre jetzt nun definiert: nämlich die Materialwirtschaft. Wie man Abfall in sog. Sekundärmaterialien verwandelt.

MOL hat erklärt, dass sie großes Interesse an der Verarbeitung von Kunststoffabfällen habe, wenn ihm garantiert werden kann, dass eine von ihm in Kürze errichtete Anlage auch noch in 30 Jahren in Betrieb sein wird. Wir haben gesagt, dass diese eine sehr edle Idee sei, lasst uns ein Konzessionssystem erstellen, dessen Hintergrund die Geschäfts- bzw. Investitionsabsicht bilden und beauftragen wir mit der Arbeit ein dafür geeignetes Unternehmen.

Und was genau passiert sein könnte?

  • Ein privater Marktteilnehmer teilte dem Minister mit, wie mehr Abfallverarbeitungskapazitäten im Land geschaffen werden könnten, dem Minister gefiel die Idee, er veröffentlichte eine Ausschreibung, MOL hat sich beworben und gewann,
  • Oder hat der private Marktteilnehmer Mol erklärt hat, womit es sich gerne beschäftign möchte, und der Minister daraufhin ein Maßgeschneidertes Verfahren ausgeschrieben hat, durch das dieses Segment von MOL übernommen werden kann.  

Die Antwort aus dem Ministerium:

Es gestaltete sich schwierig, die Ansichten aller Teilnehmer zu erfahren, denn Telex bekam auf seine Fragen nichtssagende Antworten. Diese versuchten wir später mithilfe von Hintergrundgesprächen zu ergänzen. Um es aber kurz zusammenzufassen, war laut Ministerium „nichts passiert”. Das Ministerium für Technologie und Industrie übermittelte uns nämlich folgende schriftliche Stellungnahme:

„Ákos Hadházy machte eine unwahre Aussage, László Palkovics hat nicht behauptet, dass das Ministerium der Forderung von MOL entsprochen und somit die Konzession an das Unternehmen vergeben hätte.”

In der ausführlichen Begründung heißt es weiter: „Die Regierung strebt die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft an, in der ein möglichst großer Teil der anfallenden Abfälle als Rohstoff recycelt wird. Zu diesem Zweck wird das heimische Abfallentsorgungssystem ab Juli nächsten Jahres umstrukturiert, und die Aufgaben werden im Rahmen eines neuen und effektiven Konzessionsmodells koordiniert.”

Das Ministerium betonte auch die Vorteile der Veränderung: „Das neue Konzessionsmodell wird eine einheitlich hohe Qualität der Dienstleistungen in allen ungarischen Gemeinden gewährleisten, die fristgerechte Erfüllung der EU-Ziele sicherstellen, und außerdem kann dadurch die Preiskappe für Betriebskosten erhalten werden. MOL hat die Konzessionsausschreibung des ungarischen Staates gewonnen und wird demnach in Zukunft für die öffentlichen Abfallentsorgungsaufgaben des Staates verantwortlich sein.”

Die Stellungnahme von Mol:

MOL selbst hat kurz die Frage von Telex beantwortet:

„Die Kreislaufwirtschaft ist hohe Priorität in den strategischen Plänen von MOL, weshalb wir ständig nach Geschäftsmöglichkeiten in diesem Bereich suchen. Das Unternehmen verwaltet derzeit mehr als 100.000 Tonnen Abfall und verfügt über das Wissen und das Kapital, um ein effizientes, nachhaltiges Abfallmanagementsystem aufzubauen. Darüber hinaus kann es Ungarn dabei helfen, die EU-Vorgaben zu erfüllen: bis 2035 die Recyclingquote auf 65 % zu erhöhen und die Deponierung auf nur 10 % zu reduzieren.

Der Staat hat ein öffentliches Ausschreibungsverfahren für die Konzession durchgeführt, an diesem gewann MOL. Sie verpflichtet sich dadurch in den nächsten 10 Jahren rund 185 Milliarden HUF in die Abfallwirtschaft zu investieren.“

Zuvor gab es noch in Bezug auf die Idee „MOL und die Abfallindustrie” zu hören, dass Mol ein deutsches Abfallverwertungsunternehmen (Aurora) gekauft hätte und sich über den Mangel der heimischen Abfalltrennung beschwert hätte, da sie für gewisse Recyclingprozesse Müll importieren müsse. Das Unternehmen wollte wohl dies ändern.

Die Anzeige ist in Vorbereitung

Ákos Hadházy erklärte, dass die Kündigung selbst noch in der Vorbereitungsphase ist. Er berichtete, dass er mehrere Abfallunternehmen konsultiert, und diese versicherte diese, dass die Regierung ihre Pläne durchsetzen werde, wenn kein Verband der restlichen Marktteilnehmer entsteht.

„In einer solchen Situation hofft jeder der 3.000 Unternehmer, mit dabei am Markt bleiben zu können, wenn auch für weniger Profit. Sie hoffen zu überleben. Oder sie haben die Möglichkeit nach Straßburg zu gehen, vielleicht gewinnen sie ja auch einen Prozess und erhalten eine Entschädigung, aber Straßburg wird das ungarische Abfallwirtschaftssystem nicht wieder herstellen.“

Der Abgeordnete vermutet zwei Delikte:

  • unlauterer Wettbewerb
  • und Amtsmissbrauch

Er sagte: „Ich glaube nicht, dass die Staatsanwaltschaft etwas unternimmt, aber vielleicht erreichen wir – auf Grund des Strebens nach den eingefrorenen EU-Gelder dass sie zumindest eine Untersuchung einleitet” (auch wenn es sich hier nicht direkt um EU-Gelder handelt).

Der Abgeordnete meint, es sei natürlich wichtig, dass mehr Abfälle recycelt werden, aber dies sollte nicht dadurch erreicht werden, dass der Staat seinen Willen über die Köpfe von 3.000 Unternehmen durchsetzt. Es müssen stattdessen Marktbedingungen geschaffen werden, die auf das Recyceln fördernd wirken.

Darüber hinaus wies Ákos Hadházy darauf hin, dass wichtige Details des Konzessionsvertrags im nichtöffentlichen Anhang enthalten sind. Er hat zwar die Veröffentlichung dieser beantragt, jedoch bis dato keine Antwort erhalten.

Weitere Meinungen

Natürlich haben wir über den etwas sterilen Antworten hinaus auch versucht, mit echten Menschen zu sprechen. Wie wir erfahren haben, beschäftigt man sich bereits im Ministerium mit dem Thema der bevorstehenden Anzeige, „man zeige sich darüber jedoch nicht allzu sehr besorgt”.

Aus dem Umfeld des Ministers war zu hören, dass es zweifellos zum Aufschrei von einigen Marktteilnehmern des Sektors kam, und wenn ein fester Anhaltspunkt gefunden wird, wird es verständlicherweise zum Angriff kommen. Es sei aber nicht so, dass das Ministerium die Ausschreibung an MOL angepasst hätte, jedoch ist es empfehlenswert sich das Video anzusehen. Die Tonaufnahme ist für alle verfügbar, so kann jeder entscheiden, ob das, was der Abgeordnete behauptet, wirklich aus der Aufnahme herauszuhören ist; mit anderen Worten, es fragt sich wie ein unabhängiger Zuhörer zwischen den Zeilen liest.

Eine pro-Palkovics Meinung: Wenn der Staat mit der Privatwirtschaft kommuniziert und dadurch Ideen aus der Privatwirtschaft einholt und dann später eine Ausschreibung veröffentlicht, die an das Unternehmen vergeben wird, das die entsprechenden Ideen eingebracht hat, bedeutet dies nicht, dass die Ausschreibung speziell für dieses Unternehmen maßgeschneidert war.

Andere weisen darauf hin, dass sich auch andere große Unternehmen an der Ausschreibung hätten beteiligen können, was jedoch mit Risiken verbunden gewesen wäre.

Stellungnahme des Abfallsektors

Die Ansichten des Abfallsektors sind offiziell aus einem offenen Brief, inoffiziell aus Gesprächen mit einigen Führungskräften bekannt.

Fachleute sagen, dass MOL sehr wohl Erfahrung im Gummi- und Kunststoffrecycling hat, nicht aber mit Metallabfall, sowie sie hat auch keine Kompetenzen in der Sammlung des Abfalls.

Um den Sektor bestmöglich zu schützen, appellieren wir an alle Beteiligten. Wir haben am 18. November vom Nationalen Konzessionsamt Daten angefordert, die Frist wurde jedoch um weitere 45 Tage verlängert. Auf Antworten hoffen wir auch von der Wettbewerbsbehörde (GVH) und von der Geschäftsführung von MOL; diese haben wir ebenfalls kontaktiert.  geschrieben. Aus dem vorhin erwähnten Brief geht hervor, dass die geplante Umstrukturierung auch auf Sparten angewendet wird, die gut funktionieren (z.B. Industrieabfall).

Acht Branchenverbände haben außerdem ein Schreiben an Viktor Orbán und László Palkovics unterzeichnet, in dem sie eine Änderung der einheitlichen Abfallwirtschaftskonzession fordern.

In dem Schreiben heißt es: „Die Konzession erstreckt sich nicht nur auf öffentliche Dienstleistungen, sondern auch auf Tätigkeiten im gewinnorientierten Privatsektor, einschließlich der kommunalen Abfallbewirtschaftung und der Bewirtschaftung getrennt gesammelter EPR-Abfall (erweiterte Herstellerverantwortung). Diese Tätigkeiten werden lokal, entsprechend den einschlägigen EU-Vorgaben, mit hoher Effizienz und in einem Wettbewerbsumfeld von fast 3.200 meist inländischen KMU durchgeführt.”

„Die Marktteilnehmer haben die Konzession akzeptiert und sich um eine Zusammenarbeit mit dem Gewinner bemüht. In den letzten Monaten hat sich der Konzessionär jedoch unprofessionell verhalten, seine dominante Marktposition missbraucht und den Konzessionsvertrag übermäßig ausgeweitet (…).

Auch die einheimischen Produktions- und Gewerbebetriebe sprechen sich ausdrücklich gegen die Umstrukturierung aus (…) wir fordern die Änderung der Abfallwirtschaftskonzession und deren Beschränkung auf die Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen im Bereich der kommunalen Abfallwirtschaft.”

Kurz gesagt, die Abfallerzeuger sind der Meinung, dass sie durch diese Konzession unvorteilhaft und einseitig das Risiko tragen werden. MOL dagegen bezieht sich auf EU-Zielsetzungen und versichert, dass alle, die effektive und faire Leistung bringen, werden auf ihre Kosten kommen.  

Die Branche

Es handelt sich wirklich nicht um irgendein Geschäft; im Opten gestöbert sieht man, dass es einige Mammutunternehmen in diesem Geschäft tätig sind (inkl. Umsatz im letzten Geschäftsjahr)

  • Alcufer Kft. / 1győr /  Mrd HUF 84,2 
  • Inter-Metal Recycling Kft.  /  Mrd HUF 34 
  • MÉH Zrt. / Győr / Mrd HUF 29,5 
  • Müller-Guttenbrunn (MÜ-GU) Kft. / österreichische Mutter/ Mrd HUF 29,2 
  • Éltex Kft. / Debrecen / Mrd HUF 21,8 
  • Loacker Hulladékhasznosító Kft. / österreichische Mutter / Mrd HUF 19,1 

Künftig wird die ungarische Energie- und Versorgungsregulierungsbehörde (MEKH) als Preisregulierungsbehörde für die Festlegung der gerechtfertigten Kostenelemente zuständig sein. Wie wir gesehen haben, gibt es viele offene und strittige Fragen. Natürlich kann man hoffen, daß MOL die bestehenden Werte der Industrie nutzen will, liegen doch Kosteneffizienz bzw. Einhaltung der Vorschriften in ihrem Interesse.

Die übliche Angebots- und Nachfragesituation ist jedoch insofern besonders, als es in diesem Segment der Abfallwirtschaft nur einen Käufer und viele Verkäufer geben wird. Ob dies zu einem guten Ergebnis oder nur zu einer teilweise optimalen Lösung führen wird, bleibt abzuwarten.

Foto: Jászai Csaba / MTI

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